Europäisches Netzwerk entwickelt neue Konzepte für religiöse Bildung
Religiöse Traditionen haben oftmals ein ambivalentes Verhältnis zu demokratischen Werten. „Einerseits beinhalten Religionen Ideen von Gerechtigkeit und vom gemeinsamen Wohl aller“, erklärt JProf. Unser, der an der Fakultät Humanwissenschaften und Theologie forscht und lehrt. „Andererseits finden sich Traditionen und Lehren, die in Spannung zu demokratischen Werten stehen, etwa Gleichheitsrechte für Frauen oder Homosexuelle.“ Daher brauche es spezifische Bildungsangebote, die die demokratieförderlichen Potenziale von Religion stärken und demokratiefeindlichen Entwicklungen präventiv begegnen.
Bisherige Ansätze setzten auf die Vermittlung von Wissen, den Dialog zwischen Angehörigen verschiedener Religionen und die Förderung von Toleranz. „Wirksamkeitsstudien zeigen jedoch, dass dies – mit Ausnahme der Wissensvermittlung – selten gelingt“, so Unser. Um neue Lösungen zu entwickeln, setzt er auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Expert*innen und Nachwuchskräften aus Wissenschaft und Praxis. „Erkenntnisse etwa zu Radikalisierung, interreligiöser Verständigung oder dem Einfluss von Religion auf Einstellungen gegenüber der Demokratie liegen in einzelnen Disziplinen vor, müssen aber systematisch zusammengeführt werden.“
Innerhalb von drei Jahren soll daher ein europäisches Netzwerk entstehen, das den Wissensaustausch zu „Religion and Citizenship“ systematisch voranbringt und innovative Ideen entwickelt, wie religiöse Bildung effektiv zur zivilgesellschaftlichen Bildung beitragen kann. Darin sollen unter anderem die Besonderheiten der nationalen Bildungssysteme analysiert und auch die länderspezifischen Kontexte berücksichtigt werden, in denen religiöse und zivilgesellschaftliche Bildung stattfindet. Mittelfristiges Ziel ist eine gemeinsame Antragstellung der Netzwerkbeteiligten auf EU-Ebene. Die Förderung des BMBF läuft über drei Jahre.